Reiten kommt von Reiten – oder doch von mehr?
„Reiten kommt von Reiten“ – diesen Satz hört man in Reitvereinen, auf Turnieren oder im Stallgang immer wieder. Er klingt so einfach, fast selbstverständlich. Aber ist er wirklich wahr? Muss man tatsächlich einfach nur möglichst viel im Sattel sitzen, um ein guter Reiter oder eine gute Reiterin zu werden?
Wir glauben: nein. Reiten ist so viel mehr als das bloße Sitzen auf dem Pferd.
Reiten bedeutet Verantwortung
Wer reiten lernt, lernt nicht nur eine Sportart. Es geht um Verantwortung – für ein Lebewesen, das uns sein Vertrauen schenkt. Reiten ist Charakterbildung, Tierschutz, Einfühlungsvermögen, Sport, Pflege, Kommunikation – und Liebe.
Wir können nicht von unseren Pferden erwarten, dass sie für uns alles geben, wenn wir selbst nicht bereit sind, das Beste von uns zu geben. Dazu gehört, zuverlässig und fair zu sein, unser Pferd zu sehen und wahrzunehmen – und uns immer wieder ehrlich selbst zu hinterfragen.
Selbstreflexion im Sattel
Für uns gilt ein einfacher Leitsatz:
Wenn ich jederzeit ohne Sorge mit meinem Pferd tauschen würde, ist alles gut.
Wenn mich aber ein Gedanke plagt – sei es ein schlecht sitzender Sattel, eine Verspannung oder das Gefühl, dass etwas nicht stimmt –, dann darf ich das nicht verdrängen. Es ist unsere Aufgabe, hinzuschauen und Lösungen zu finden. Nur so können wir wirklich fair reiten.
Reiten ist Sport – auch für uns
Oft vergessen wir: Reiten ist nicht nur für das Pferd Sport, sondern auch für den Menschen. Wer selbst verspannt ist, kann keine Losgelassenheit beim Pferd erwarten. Wer keine Ausdauer hat, kann sie vom Partner Pferd nicht einfordern.
Darum gehört zum Reiten auch, sich selbst fit und gesund zu halten. Ausgleichssport, Yoga, Laufen, Krafttraining oder auch mal ein Termin beim Physiotherapeuten helfen uns, in Balance zu kommen – und diese Balance geben wir an unser Pferd weiter.
Selbstliebe und Einfühlungsvermögen
Ein guter Reiter braucht nicht nur Technik, sondern auch Selbstliebe und Selbstwertgefühl. Denn wer sich selbst nicht annehmen kann, wird auch Schwierigkeiten haben, eine echte, vertrauensvolle Bindung zum Pferd aufzubauen.
Leider hören wir immer wieder von Missständen, von Pferden, die nicht artgerecht gehalten oder sogar misshandelt werden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns bewusst machen: Nur wenn wir uns selbst wertschätzen, können wir auch unser Pferd wertschätzen – und es zu einem stolzen, mutigen Athleten und Freizeitpartner entwickeln.
Auf das Pferd hören
Manchmal bedeutet gutes Reiten auch, eine Lektion wegzulassen. Einmal weniger zu verlangen. Zu spüren: Heute ist genug. Das ist keine Schwäche, sondern Stärke – und Ausdruck von Liebe zum Pferd.
Reiten ist Tierschutz. Aber auch Nicht-Reiten kann Tierschutz sein.
Bewegung ist Tierschutz. Ein Physiotherapie-Termin für uns selbst ist Tierschutz. Sich selbst wertzuschätzen, ist Tierschutz – weil wir dadurch auch unser Pferd besser behandeln können.
Fazit: Reiten ist mehr als Reiten
Ja, Reiten kommt von Reiten – vom Üben, vom Wiederholen, vom Lernen im Sattel. Aber Reiten kommt eben auch von allem drumherum: von Pflege, Achtsamkeit, Selbstreflexion, Fitness, Selbstliebe und Einfühlungsvermögen.
Denn nur wenn wir an uns selbst arbeiten, können wir das Beste für unser Pferd geben. Und am Ende ist genau das der Kern unseres Sports: Fairness, Liebe und Respekt.
3 Impulse für mehr Harmonie im Sattel
Qualität vor Quantität
Manchmal ist weniger mehr: Eine gute Trainingseinheit endet nicht unbedingt nach 60 Minuten, sondern wenn beide Partner etwas gelernt haben. Trau dich, auch mal rechtzeitig aufzuhören und dein Training abwechslungsreich zu gestalten!
Körperliche Balance schaffen
Ein fitter, entspannter Reiter = ein entspanntes Pferd. Plane bewusst Ausgleichssport ein, um Losgelassenheit und Balance auch auf dein Pferd übertragen zu können.
Innere Stimme ernst nehmen
Wenn du ein ungutes Gefühl hast – beim Training, beim Material oder bei deinem eigenen Sitz – hör hin. Ignoriere es nicht, sondern finde die Ursache. Dein Pferd spürt deine Ehrlichkeit. Suche dir eine Person, der du vertraust, die sich auskennt und dir ehrlich sagst, was gut für euch sein könnte.
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